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Was ist samenfestes Saatgut?

Pflanzen, die aus samenfestem Saatgut gezogen werden, bilden wieder Samen mit den gleichen Erbeigenschaften aus. Nur sind diese Erbeigenschaften im Anbau von Gemüse nicht immer vorteilhaft.

Deswegen hat sich neben der reinen Samengewinnung, die der einfachen Vermehrung der Pflanzen dient, die Samenzüchtung etabliert. Dies dient der Verbesserung der Pflanzeneigenschaften, wie die des Ertrags und der Widerstandsfähigkeit.

In der einfachsten Art dieses Verfahrens wählt man zur Samengewinnung die besten und gesündesten Pflanzen aus und isoliert sie während der Blütezeit, um ungewünschte Verkreuzungen zu vermeiden. Das nennt man Züchtung durch Auslese. Dieses Verfahren ist bei zweijährigen Pflanzen schon mit einigem Aufwand verbunden.

Wozu samenfestes Saatgut?

Der Hauptgrund für samenfestes Saatgut liegt darin, nicht jedes Jahr neues Saatgut kaufen zu müssen. Das spart in der gewerblichen Landwirtschaft bzw. im gewerblichen Gemüseanbau natürlich eine Menge Geld. Für den Kleingärtner lohnt der Aufwand wegen des Risikos von Ernteausfällen oftmals nicht.

Andere Meinungen gehen dahin, dass durch die Gewinnerzielungsabsicht der Saatguthersteller die Vielfalt von Sorten leidet, weil nicht alle möglichen Sorten gewerblich genutzt werden und somit vermeintlich „alte Sorten“ vom Aussterben bedroht sind.

Ist „altes Saatgut“ verboten?

In den letzten Jahren haben sich im Internet verschiedene Verschwörungstheorien verbreitet. Und nicht nur das, auch jede Menge Halbwissen geistert durch die Blogs, garniert durch nicht belegbare Behauptungen. Immer wieder kehrende Schlagwortargumente sind die von „verbotenem Saatgut“, Verlust der Sortenvielfalt, minderwertiges Gemüse, Kontrolle durch Konzerne etc.

Samenfestes Saatgut vs. F1 Hybride
Wer die Wahl hat….

Dabei wird nicht unterschieden von gewerblichem Anbau von Mais, Weizen und Kartoffeln und dem Anbau von Gemüse im Kleingarten, sondern es wird alles über einen Kamm geschert und verurteilt.

Fakt ist, es gibt ein Sortenamt, welches darüber entscheidet, welche Sorten gehandelt werden dürfen, dafür wird nach Prüfung eine Zulassung erteilt.

Grundlage hierfür ist das Saatgutverkehrsgesetz.

Für Erhaltungssorten landwirtschaftlicher Arten und Gemüse, sowie für Gemüsesorten, die an sich ohne Wert für den kommerziellen Anbau sind (Amateursorten), besteht ein vereinfachtes Zulassungsverfahren.

Bundessortenamt

Warum ist das so? Warum kann nicht jeder, der Lust hat, Samen in Tütchen verkaufen? Weil man es Samen von außen meist nicht ansieht, ob er z.B. keimfähig ist und daraus die Pflanze wächst, die man haben will. Es dient also zum einen dem Schutz des Verbrauchers.

Zum anderen bedeutet die Züchtung einer Art mitunter sehr viel zeitlichen und finanziellen Aufwand, und die Sorte erhält mit ihrer Zulassung eine Art Patent und die Rechte des Züchters werden so geschützt.

Die Zulassung einer Sorte kann versagt werden, wenn hinreichende Gründe für die Annahme bestehen, dass die Sorte ein Risiko für die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen oder die Umwelt darstellt, insbesondere, wenn der Anbau die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen oder die Umwelt gefährdet. Von der Versagung ist abzusehen, soweit durch Nebenbestimmungen die Versagungsgründe ausgeräumt werden können.

Saatgutverkehrsgesetz * (SaatG) § 30 Voraussetzungen für die Sortenzulassung

Manche Pflanzen hat man durch Züchtung für Menschen erst genießbar gemacht. Dazu zählen Kürbisgewächse. Sie können den Bitterstoff Curcurbitacin enthalten, der toxisch ist, aber in den zugelassenen Sorten weitgehend deaktiviert ist.

Durch unsachgemäßes Hantieren im Kleingarten mit Saatgut zweifelhafter Herkunft können so ungewollt Gemüse entstehen, die uns Menschen nicht gut bekommen. Eine Regulierung ist deshalb nicht nur erforderlich, sondern auch im Sinne der Allgemeinheit.

Altes Saatgut ist nicht verboten, sondern allenfalls der Handel damit, weil es entweder nie zugelassen wurde oder die Zulassung abgelaufen ist. Die gilt nämlich nur für zehn Jahre, bei Wein und Obst 20 Jahre. Wenn diese alten Sorten, wie oft behauptet wird, so viel schmackhafter und robuster sind als die handelsüblichen, warum ist denn niemand an einer Zulassung interessiert?

Weil für die Zulassung eine stattliche Gebühr fällig ist, die jeder, der sie beantragt, gerne durch Vermarktung der Sorte wieder hereinholen möchte. Die häufig zu findende Argumentation, „alte Sorten“ seien robuster und schmackhafter, lässt sich nicht verallgemeinern. Im Gegenteil sind „alte Sorten“ oftmals sehr viel anfälliger und kommen nicht mit allen Standortsituationen klar. Das ist mit ein Grund, warum sie nicht gehandelt werden.

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Hier wachsen samenfestes Saatgut und F1-Hybride friedlich nebeneinander

Was sind F1 – Hybride?

Als Hybrid bezeichnet man etwas Vermischtes oder kurz einen Mischling. Mit F1 hat Gregor Mendel bei seinen Versuchen mit Erbsen die erste Tochtergeneration bezeichnet (filia = Tochter). Seine Versuche führten zu den sogenannten Mendelschen Regeln.

Das im Handel mit F1 gekennzeichnete erhältliche Saatgut ist eine gezielte Kreuzung zweier reinerbiger, möglichst unterschiedlicher Inzuchtlinien. Dadurch entsteht der sogenannte Heterosiseffekt. Die aus der Kreuzung entstandene F1 – Generation ist widerstandsfähiger und vitaler.

Nach der 1. Mendelschen Regel (Uniformitätsregel) sind alle Nachkommen genotypisch gleich. Das bedeutet für Landwirte und Gemüsebauern, dass die Pflanzen gleichförmig wachsen und zeitgleich erntereif sind. Ein unschätzbarer Vorteil. Leider birgt dieses Verfahren auch den Nachteil, dass der Heterosiseffekt bei der F2 – Generation nicht mehr vorhanden ist. Im Gegenteil schlagen hier wieder die Erbanlagen der Elterngeneration in nicht vorher bestimmbaren Verhältnissen durch.

Samen aus F1-Hybriden sind daher unbrauchbar. Meistens sind sie nicht unfruchtbar, wie oft behauptet wird. Man kann sie also aussäen und sich vom Ergebnis überraschen lassen. Vielleicht ist was Schmackhaftes dabei.

Fazit

Erwerbslandwirte setzen bisher wegen des wesentlich höheren Ertrags oft auf F1 – Saatgut und nehmen dabei den Nachteil in Kauf, jedes Jahr neues Saatgut kaufen zu müssen. Wer Gemüsesamen für den Kleingarten kaufen will, kann sich dabei entscheiden, ob er auf F1-Saatgut oder das bei immer mehr Anbietern erhältliche samenfeste Bio-Saatgut setzt. Auch ist das handelsübliche Saatgut im Baumarkt samenfest, wenn nicht F1 auf der Tüte steht.

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Letztendlich wird der Ertrag entscheidend sein, denn eine persönliche Einstellung für oder gegen das eine oder andere ist dem Gemüse egal. Denn neben dem Saatgut kommt es auch auf die Bodenbeschaffenheit, den Standort, die Düngung und die Klimaverhältnisse an. Wenn man sich auf den Seiten der bekannteren Saatgutanbieter wie Kiepenkerl, Quedlinburger oder Sperli umschaut, stellt man fest, dass es sich um Familienbetriebe und mitnichten um Großkonzerne wie Bayer oder ähnlichen handelt.

Die Saatgutvermehrung ist im Erfurter Raum eine alte Tradition, weil man dort gute Bedingungen vorfindet. Denn wenn man sich den Vorteil samenfesten Saatguts zunutze machen will, muss man daraus erst einmal gesunde, kräftige Pflanzen heranziehen. Und die wachsen nicht in jedem Boden.

Wenn also die samenfeste Sorte zu Hause im Garten mickert, wegen mangelnder Widerstandskraft im Regen verfault oder in der Sonne verbrennt, ist es eher unwahrscheinlich, dass diese Pflanze noch fortpflanzungswürdigen Samen produziert. Leider hat man nur ein-, maximal zweimal die Chance pro Gartensaison, Saatgut zeitgerecht auszubringen. Daher ist die Überlegung über die Qualität und die Erfolgsaussichten schon vorher angebracht.

Das geht schon bei dem Mindesthaltbarkeitsdatum los. Letztendlich ist auch bei der Auswahl im Baumarkt oder im Gartencenter nicht in jeder Tüte F1-Saatgut drin und wenn, dann muss es auch deutlich außen draufstehen. Letztendlich sind es die eigenen Erfahrungen im Kleingarten, die uns wirklich schlauer machen. Was auf gar keinen Fall weiterhilft, sind Panikmache und Verschwörungstheorien im Internet. Birkenholm.de wünscht allen, die bis hierhin gelesen haben, eine reichliche Ernte.

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