Garten umgraben oder nicht?
Jedes Jahr im Herbst stehen viele Kleingartenbesitzer und Hobbygärtner wieder vor der Frage, ob sie ihren Garten umgraben sollen oder nicht. Traditionell gehörte das Umgraben des Gartens im Spätherbst zu den Pflichten eines jeden Gärtners. Aber ist das immer noch so?
Warum sollte man den Boden umgraben?
Noch bis vor wenigen Jahrzehnten war das Gärtnern ohne Kuhmist kaum vorstellbar. Wer keine eigene Kuh im Stall hatte, konnte sich bei den zahlreich vorhandenen Klein- und Großbauern eine Fuhre Mist für wenig Geld herankarren lassen.
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Den Boden um- und den Mist unterzugraben, diente erstens der Düngung, lockerte zweitens den Boden und schloss drittens die Gartensaison mit einem aufgeräumt aussehenden Garten ab. Anstelle von Kuhmist sind nun andere Dünger im Einsatz, mineralischer oder organischer Herkunft. Auch diese müssen idealerweise in den Boden eingearbeitet werden. Wenn der Boden allerdings stark verdichtet ist, kommt man um das Umgraben mit dem Spaten nicht herum.

Warum sollte man den Boden nicht umgraben?
Seit einiger Zeit setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass das Umgraben die Bodenkulturen durcheinander bringt und eher schadet als nützt. Spätestens als 1922 Raoul Heinrich Francé das Büchlein „Das Leben im Ackerboden“ veröffentlichte, ist bekannt, dass weitaus mehr Lebewesen als nur Regenwürmer unter der Bodenoberfläche zu finden sind.
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Genau genommen würde ohne dieses Ökosystem aus Bodenflora und Bodenfauna der Kreislauf des Lebens, wie wir ihn kennen, nicht existieren. Wir Menschen vermutlich auch nicht. Diese Bodenlebewesen leben in verschiedenen Schichten (Krautschicht, Streuschicht, Humusschicht etc.). Mit dem Spaten wird diese Ordnung zerstört und es braucht oft Monate, um sie auch nur annähernd wieder herzustellen.
Wenn man den Boden mit einer Grabegabel oder einem „Sauzahn“ auflockert anstatt komplett umzugraben, erhält man diese Ordnung der Schichten weitgehend intakt.
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Luft im Gartenboden, die Bodenatmung
Luft ist für das Pflanzenwachstum und damit für den Gartenboden unentbehrlich, weil sie die lebensnotwendigen Stoffe wie Sauerstoff und Kohlendioxid enthält.
Man unterscheidet die Luft, die wir atmen von der sogenannten Bodenluft. Das ist die in den Poren des Bodens enthaltene Luft. Die Zusammensetzung unterscheidet sich dahingehend, dass die Bodenluft anteilig etwas weniger Sauerstoff und Stickstoff enthält, der Kohlendioxidanteil aber um ein vielfaches höher ist.
Zwischen der Atmosphäre und der Bodenluft findet idealerweise ein ständiger Gasaustausch statt. Das ist die sogenannte Bodenatmung. Es liegt auf der Hand, dass diese Bodenatmung bei einem leichten, porösen Boden sehr viel intensiver stattfinden kann als bei einem schweren oder stark verdichtetem Boden.
Gibt es eine goldene Regel?
Nein. Vieles, was man im Garten tut oder nicht tut, wirkt nicht unmittelbar. Das Ergebnis einer Arbeit zeigt sich oft erst nach einem oder auch nach mehreren Jahren.
Einen Boden nachhaltig zu verbessern ist mehr als nur die Frage, ob man umgräbt oder nicht. Jedes Gemüse, welches wir anbauen, entzieht dem Boden Nährstoffe und so erscheint es logisch, dem Boden diese Nährstoffe zurückzugeben oder ihm die Zeit und Gelegenheit zu geben, diese wieder zu bilden.
Verschiedene Gemüse brauchen verschiedene Nährstoffe, deswegen ist die Einhaltung einer Fruchtfolge vorteilhaft. Organische Dünger wie Brennesseljauche oder Kompost sind nahezu unverzichtbar und lassen sich ohne Mehrkosten selbst herstellen.
Ob man nun umgräbt oder nicht, bleibt eine Einzelfallentscheidung. Oft ist auch innerhalb eines etwas größeren Gartens nicht ein Beet wie das andere und es kann durchaus vorkommen, dass in einer Ecke des Gartens krümelige Erde zu finden ist und ein paar Meter weiter eher lehmiger Boden (z.B. durch zu tiefes Umgraben).
Probieren geht über studieren
Es gibt keinen besseren Platz zum Experimentieren als der Kleingarten. Es sei denn, man gehört zu der Gattung „Selbstversorger“ und die Familie muss dank schief gelaufener Experimente den Winter über darben :-). In diesem Fall bleibt man besser bei altbewährtem.
Wenn man also Jahr für Jahr seinen Garten nach alter Väter Sitte umgegraben hat, warum nicht einmal das Umgraben sein lassen? Oder nur in einem Teil des Gemüsegartens? Das setzt natürlich voraus, dass das Beet schon vorhanden und abgeerntet ist. Bei einer Neuanlage ist das Umgraben unumgänglich.
Idealerweise deckt man das Beet mit einer Mulchschicht aus Laub und/oder Grasschnitt ab. Im Frühjahr entfernt man diese Schicht (ab in den Komposter), säubert das Beet und lockert es mit einer Grabegabel oder Gartenkralle auf und arbeitet den Dünger seiner Wahl ein.
Danach pflanzt oder sät man wie gewohnt. Und dann wird sich herausstellen, ob die Fachleute vom NABU oder vom Bundesinformationszentrum Landwirtschaft recht haben oder nicht.
Fazit
Wichtiger als die Entscheidung, ob man den Garten umgraben soll oder nicht ist das Verstehen des Zusammenspiels von Pflanzenwachstum und Bodenlebewesen.
Hat man erst einmal erkannt, dass das Gartenbeet nicht einfach nur „Erde“ ist, sondern darin Milliarden von Mikroorganismen und Kleinstlebewesen pro Quadratmeter „wohnen“, die den Kreislauf vom Werden und Vergehen am Laufen halten, wird man als verantwortungsbewusster Gartenbesitzer auf eine möglichst schonende Bearbeitung des Bodens setzen.
Umgraben ist weder schlecht noch altmodisch. Stark verdichtete Böden sind wegen Sauerstoffmangel auch den Bodenlebewesen nicht förderlich. Hier ist das Umgraben sogar hilfreich. Die Antwort auf die Frage, ob man den Boden nun umgraben soll oder nicht, kann nur der Boden selbst geben. Wenn man einen Spaten nur in die Erde bekommt, wenn man kräftig drauftreten muss, erreicht man mit einem Sauzahn oder einer Grabegabel nicht die gewünschte Wirkung.
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